
Jeanne Hersch war eine dezidierte Frau, eine aussergewöhnliche Persönlichkeit, eine Zeitzeugin und Zeitkritikerin des 20. Jahrhunderts, eine Kritikerin vor allem des Nationalsozialismus und des Kalten Krieges, aber auch der 70er- und 80er-Jahre. Sie war fähig, ihre Gedanken in freier Rede zu formulieren, nicht nur auf Französisch, sondern auch auf Deutsch und Englisch. Sie überzeugte und begeisterte. Aber sie konnte ihre Gegner auch nerven. Der "liebende Kampf um der Wahrheit Willen", wie sie jeweils ihren grossen Lehrer Karl Jaspers zitierte, war ihr ein grosses Anliegen. Ihre Hauptthemen waren Freiheit und Verantwortung, die Sinnfrage, Erziehung, die Menschenrechte, Demokratie, Schweiz und Europa. Sie war eine begnadete Lehrerin.
Lebenslauf von Jeanne Hersch in Kürze
1910 
Geboren  am 13. Juli in Genf als Tochter des Liebmann Hersch, Professor der  Demografie und Statistik an der Universität Genf, und der Ärztin Liba  Hersch-Lichtenbaum, polnisch-jüdischer Immigranten, die aus Wilno  (Litauen) bzw. aus Warschau stammten und 1904 in die Schweiz  eingewandert waren
1917 
Geburt der Schwester Irène
1925 
Geburt des Bruders Joseph (gestorben 2012)
1928 
Matur und Beginn des Studiums der Literaturwissenschaften
1929-1932 
Reise nach Heidelberg, Begegnung mit Karl Jaspers und Beginn des Studiums der Philosophie
1933 
Reise  nach Freiburg im Breisgau, Besuch der Lehrveranstaltungen Martin  Heideggers. Rückkehr nach Genf, Staatsexamen in Literaturwissenschaft  mit einer Arbeit über Henri Bergson
1933-1956 
Lehrerin für Französisch und Latein, später für Philosophie an der École Internationale in Genf
1935-1936 
Aufenthalt in Chile und Reise durch Lateinamerika und Nordafrika
1936 
Prix Amiel für L’Illusion philosophique von der Universität Genf. Veröffentlichung ihres ersten Buchs: L’illusion philosophique (Die Illusion — der Weg der Philosophie)
1938-1939 
Aufenthalt in Thailand, Begleitung der Königlichen Familie durch das Land als Lehrerin für die drei Kinder
1942 
Veröffentlichung des Romans Temps alternés (Begegnung)
1946 
Promotion in Philosophie mit der Dissertation L’être et la forme
1956-1977 
Professorin an der Universität Genf, Lehrstuhl für Systematische Philosophie
1956 
Veröffentlichung von Idéologies et réalité (Die Ideologien und die Wirklichkeit)
1959 
Gastsemester an der Pennsylvania State University
1961 
Gastsemester am Hunter College der State University of New York
1966-1968 
Direktorin der Abteilung Philosophie der UNESCO in Paris
1968 
Veröffentlichung von Le droit d’être un homme (Das Recht ein Mensch zu sein).  Leseproben aus aller Welt zum Thema Freiheit und Menschenrechte. Idee,  Konzept und Auswahl von Jeanne Hersch, im Auftrag der UNESCO
1970-1976
Mitglied des Exekutivrates der UNESCO und der Schweizerischen UNESCO-Kommission.
1972
Verleihung der Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Universität Basel
1973
Preis der Fondation pour les droits de l’homme
1973-1994 
Präsidentin der Karl Jaspers-Stiftung in Basel
1975 
Veröffentlichung von Die Unfähigkeit, Freiheit zu ertragen
1976 
Veröffentlichung von Die Hoffnung, Mensch zu sein
1978 
Veröffentlichung von Von der Einheit des Menschen. Gastsemester an der Colgate University, Hamilton/N.Y. und der Université Laval in Quebec 
1979 
Montaigne-Preis. Spinoza Medaille
1980 
Max Schmidheiny-Freiheitspreis
1981 
Veröffentlichung von L’étonnement philosophique (Das philosophische Staunen). Veröffentlichung der Antithesen  zu den „Thesen zu den Jugendunruhen 1980“ der Eidgenössischen  Kommission für Jugendfragen. Der Feind heisst Nihilismus
1985 
Preis Max Petitpierre
1986 
Veröffentlichung von Éclairer l’obscur (Schwierige Freiheit, Gespräche mit Jeanne Hersch, hrsg. v. Gabrielle und Alfred Dufour)
1987 
Albert Einstein-Medaille
1988 
Prix UNESCO für Menschenrechts-Erziehung
1989 
Veröffentlichung von Quer zur Zeit
1990 
Veröffentlichung von Temps et musique
1992 
Veröffentlichung von Im Schnittpunkt der Zeit. Karl Jaspers-Preis 
1993 
Ehrendoktor der Philosophischen Fakultät der Universität Oldenburg
1998 
Ehrendoktor der EPF Lausanne
2000 
Gestorben am 5. Juni in Genf


